Der geistliche Impuls für den Monat Januar 2020 von Jochen Kraus (Pastor im Christlichen Zentrum Reutlingen)
Zeit - Chronos oder Kairos?
Alle Türchen im Adventskalender sind geöffnet. – Das ging schnell! Weihnachten ist schon wieder vorbei, und wir eilen in ein neues Jahr – 2020. Die Zeit vergeht gefühlt immer schneller, oder ist das vielleicht mehr als ein Gefühl?
Jesus betont in seiner Rede über die letzte Zeit (Matthäus 24/Markus 13), dass eben diese verkürzt wird, und zwar aus einem ganz bestimmten Grund: damit die, die Jesus nachfolgen, nicht verloren gehen, sondern ans Ziel kommen. Jesus spricht von einer hektischen Zeit, in der viele Informationen aufkommen von Kriegen und Kriegsgefahr, von Bedrohungen, vermeintlichen Lösungen und Fake-News, auch über ihn und sein Wiederkommen. „Lasst euch dadurch nicht erschrecken!“, sagt Jesus (Matthäus 24,6), „Glaubt es nicht!“ (Markus 13,21), „sondern seht euch vor!“ Jesus hat das alles vorausgesagt. (vgl. Markus 13,23).
Doch wie sollen wir in dieser immer schneller werdenden und bedrohlichen Zeit Orientierung und Ausrichtung auf Jesus finden? Wie kann man mit frohem Mut, Zuversicht und Kraft in ein neues Jahr gehen angesichts von Kriegen, Kriegsgefahr, Klima- und Umweltsorgen, wirtschaftlichen Engpässen und Bedrohungen?
Jesaja schreibt (Jesaja 40,29+31), dass Gott den Müden Kraft und den Unvermögenden Stärke genug gibt, dass die, die auf den Herrn harren, neue Kraft kriegen! Offenbar gibt es einen engen Zusammenhang zwischen Gottvertrauen und (neuer) Kraft. Das Bindewort dazu heißt „harren". Die Beschreibung des Wortes „harren" im Duden ist: „mit einer bestimmten inneren Erwartung über eine gewisse Zeit hin auf ein Ereignis oder eine Person warten“.
In diesem Sinne ist „harren" als Bindewort zwischen Gottvertrauen und Kraft viel mehr als ein ohnmächtiges Abwarten. Wir dürfen auf den Herrn harren. Unser Warten ist aktiv, mit dem Blick auf unseren Herrn gerichtet, in seiner Nähe. Das braucht eine (gewisse) Zeit. Nicht vor allem im Sinne von Chronos, der Zeit, die unaufhaltsam fortschreitet und immer schneller wird, sondern im Sinne des Kairos, dem Zeitpunkt Gottes: innehalten, warten (harren) und empfangen aus Gottes Hand; ein Zur-Ruhe-Kommen in Gottes Gegenwart. Dabei erleben wir Trost, Inspiration, Zuversicht und neue Kraft. Das geht nicht im Vorbeilaufen, sondern im Anhalten, Aushalten, Warten und Schauen auf Gott, so wie wir in dem bekannten Lobpreislied singen: „Es liegt Kraft in dem Warten auf den Herrn!“.
In diesem Sinnen wünsche ich uns als Gemeinde und jedem Einzelnen viele solcher Zeiten – nicht im Sinne von Chronos-, sondern von Kairos-Momenten in der Gegenwart Gottes, die unseren Glauben, unser Vertrauen in Gott stärken, Trost, Hoffnung und immer wieder neue Kraft geben, um die Herausforderungen und Entscheidungen, die in diesem Jahr anstehen, mit Freude und Zuversicht angehen zu können.
Euer Jochen